SC Paderborn – SG Dynamo Dresden: Spielanalyse

Gegen den SC aus Paderborn erkämpft sich die SGD einen Punkt. Dabei nutzt man einen anderen Ansatz als sonst. Darauf lohnt sich ein genauerer Blick.

Wie reagiert Dynamo nach Rostock?

Nach der Niederlage vom letzten Sonntag gegen Rostock, wo Dynamo überraschenderweise vor allem im individuellen und kollektiven Defensivverhalten Probleme hatte, wählte Trainer Schmidt für das Spiel gegen Paderborn einen neuen Ansatz. Die SGD startete mit einem ganz klassischen 4231 und fokussierte sich damit auf ein tieferes Mittelfeldpressing und nach Ballgewinn entstehende Konter. 

Nach einem Spiel wie gegen Rostock ist das Wählen einer solchen Variante nicht unüblich. Der Vorteil: Klare Aufgaben und Zuordnungen geben der Mannschaft erst einmal (die z. B. gegen Rostock fehlende) defensive Sicherheit. Jeder Profifußballer sollte mehr oder minder die Grundlagen eines 4231/442 kennen und spielen können. (Ich könnte mir vor diesem Hintergrund z. B. auch vorstellen, dass der Wunsch für eine solche Herangehensweise auch aus der Mannschaft selbst gekommen sein könnte.)

Dynamo lief den Gegner also nicht wie sonst häufig hoch an, sondern positionierte sich in einem engen und kompakten Block. Durch das mannorientierte Verfolgen des ballnahen Sechser des Gegners, eine etwas passivere und ausbalancierende Rolle von Stürmer Drchal und die engen Flügel Schröter und Borrello und deren Deckungsschatten schloß man so das Zentrum lenkte das Spiel auf den Flügel. Passierte das, schob der jeweilige Flügel flach auf den gegnerischen Spieler (meist Außenverteidiger), während das gesamte Team durchsicherte und so den Raum verknappte. In der Theorie gewinnt man so den Ball und schaltet schnell um, versucht über Konter Torgefahr zu kreieren.

Anfänglich vielversprechende Konteransätze

Dieser Plan hatte nicht nur aufgrund eigener Unsicherheiten, sondern auch aufgrund des Gegners seine Berechtigung. Mit dem SC Paderborn unter Trainer Lukas Kwasniok stand Dynamo am Samstagnachmittag ein Gegner gegenüber, der primär ballbesitzorientiert denkt. Über flexible und dynamische Ballzirkulation mit viel hohem Personal versucht der SCP zu Torgefahr zu kommen. Die dabei häufig weit aufrückenden und nominell sowieso offensiv denkenden Außenverteidiger (zumindest Linksverteidiger Justvan) eröffneten für Dynamos Flügelspieler genau jene angesprochenen Räume. 

Gerade in der Anfangsphase gelang es der SGD einige Male, den Ball auf dem Flügel zu gewinnen und von dort in den Rücken der gegnerischen Außenverteidger zu kontern. Schlussendlich fehlten in diesen Szenen jedoch häufig kluge und präzise Anschlussaktionen. 

Dresdner Defensivformation, Paderborner Offensivformation – potenzielle Umschalträume für Dynamo hinter den gegnerischen Außenverteidigern.

Paderborner Druckphase

Mit der Zeit bespielte Paderborn das reaktive Pressing der SGD jedoch immer erfolgreicher, sodass sie selbst einiges an Torgefahr kreieren konnten. Dabei agierte man so flexibel und dynamisch wie von Kwasniok-Teams bekannt. Eine wirkliche Grundordnung lohnt sich da erst gar nicht auszumachen.

Permanent bleiben eigentlich nur die beiden Innenverteidiger (Hünemeier, van der Werff) und meist auch der Sechser Schallenberg (wahrscheinlich auch weil meist von Batista Meier mannorientiert verfolgt) positionstreu. Sonst gelten bei zahlreichen Positionsrochaden und Unterstützungsbewegungen nur einige Prinzipien, die in deren situativer Ausgestaltung den Spieler große Freiheiten überlassen. Grundsätzlich schiebt Paderborn viel Personal in hohe Zonen. Dort sollte möglichst einer die Breite geben (meist der Außenverteidiger) und einer die Tiefe attackieren (meist Stürmer Pröger). Die restlichen Mittelfeld- und Angriffsspieler nutzen den so geschaffenen Raum zwischen den Linien und überladen auf flexible und sehr dynamische Art und Weise ballnahe Zonen.

In diesem Spiel ließ sich Klement häufig in die Schnittstellen des Dresdner 4231 zwischen Flügel und Zehner fallen, um dort Zuordnungsprobleme zu schaffen. Teils kippte er auch diametral in den Linksverteidiger-Raum, was Justvan höher drückte und die situative Überladung auf dem Flügel verstärkte.

Diese Überladungen ermöglichten bei Paderborn ein dynamisches und meist diagonales Kombinationsspiel, das sich daher mit zunehmender Spielzeit und steigender Präzision auch bis in die Halbräume hinter die Mittelfeldkette der SGD erstreckte. In der ersten Hälfte haben verschiedene Stürmer dort gefährliche Chancen, die Dynamo dennoch letztlich noch verteidigt bekommt (oder Glück mit einer ungenauen Anschluss- oder Abschlussaktion hat).

Paderborner Offensivformation, Dresdner Defensivformation – Beispielszene aus Minute 42.

Leichte Anpassungen in Hälfte 2

Problematisch wurde es für Dynamo vor allem dann, wenn die Flügelspieler Schröter und Borrello (der einige Male Probleme in der Positionierung hatte) zu spät den gegnerischen Außenverteidiger unter Druck setzen konnten. Dann musste Dynamo weit durchsichern und kam situativ in lokale Unterzahl- oder Gleichzahlsituationen, in denen Paderborn ihre Ballsicherheit und/ oder individuelle Klasse im 1v1 ausspielen konnte. 

Ich könnte mir vorstellen, dass deswegen in der Halbzeit Königsdörffer für Borrello eingewechselt wurde. Aber auch unabhängig davon agierte Dynamo nun weiträumiger im Pressing. Die Flügel starteten seltener im Halbraum, sondern zogen sich je nach Positionierung des Außenverteidigers schnell, weit und breit zurück. Gleichzeitig nahm Dynamo die Mannorientierungen ballnah konsequenter auf und verteidigte aggressiver nach vorn. Teils rückten gerade die Sechser Stark, Kade oder später Will weit aus der 442-Staffelung heraus, um ihre situativen Gegenspieler mit Ball nach hinten zu drücken.

Dynamos Defensivformation, Paderborner Offensivformation – stabileres, weil ausgeglicheneres Dresdner Pressing.

So arbeitete man in Hälfte 2 weitgehend ordentlich gegen den Ball und ließ weniger Torgefahr zu als zuvor. Dabei spielten jedoch genauso Veränderungen im Paderborner Spiel eine Rolle. Zunächst committete man nun weniger Spieler in hohe Zonen. Immer häufiger kippte ein Zentrumsspieler (Klement) komplett auf die Seite heraus, sodass zwischen den Linien weniger Personal und so auch weniger Kombinationen möglich waren. Zudem schlichen sich dabei mit der Zeit immer mehr technische Ungenauigkeit und Szenen mit zu geringen Tempi ein. 

Nichtsdestotrotz gelangen Paderborn gerade zu Spielende noch einmal einige gefährliche Durchbrüche nach 2v2-Szenen auf dem Flügel. In diesen Phasen hätte Dynamo durchaus noch das entscheidende Tor kassieren können.

Fehlender Mut

Aber was war eigentlich mit Dynamos Offensive? Die ist und bleibt ein schwieriges Thema. Grundsätzlich hatte Dynamo durch die strategische Spielanlage ja sowieso wenige kontrollierte Ballbesitzphasen. Außer in zwei kurzen Perioden presste Paderborn im hohen 4222-Angriffspressing und erzwang lange Bälle. 

Paderborner Defensivformation, Dresdner Offensivformation – Beispielszene aus Minute 56.

Die SGD war aber auch so in dieser Spielphase auf Einfachheit und Sicherheit bedacht. So spielte man schnell den langen Ball auf die Flügel (+ anschließender Kampf um den 2. Ball), um von dort in dynamische Aktionen zu kommen. Auch wenn sich Paderborn situativ etwas zurückzog, zirkulierte der Ball nur für ein paar Stationen in Dynamos flacher Viererkette, wovon dann der lange Ball geschlagen wurde. 

Torgefahr wollte man schließlich primär über Konteraktionen kreieren. Wie zuvor beschrieben, hatte man dafür gerade in der Anfangsphase einige vielversprechende Gelegenheiten. Letztlich fehlte es aber über das gesamte Spiel an Präzision und klugen Entscheidungen, was am Ende durch die personellen Wechsel und die zunehmende Spielzeit noch verstärkt wurde. Es schien, als war Dynamo ab Minute 60 nur noch darauf aus, den einen Punkt mitzunehmen. Das hatte am Ende Erfolg, hätte aber auch leicht anders ausgehen können. Etwas mehr Mut und Aktivität gerade im personellen Sinne hätte Dynamo meiner Meinung nach in dieser Phase gut getan; hätte vielleicht für etwas mehr Entlastung und ggf. sogar nochmal für eigene Torgefahr gesorgt.

Fazit

Schlussendlich bleibt so aber das 0:0 und damit ein Punkt, den man nach dem Spiel gegen Rostock gern aus Paderborn mitnimmt. Dabei kann ich die Wahl eines etwas simpleren und reaktiveren Ansatz durchaus verstehen, denn diese Adaptabilität in schwierigen Situationen ist wichtig. Auch kann ich nach der letzten Woche zumindest den Gedankengang nachvollziehen, hier zum Ende des Spiels erst einmal den Punkt zu sichern. Insgesamt (wenn auch mit etwas Glück) ist das auch aufgegangen, man war stabiler. Ich hoffe aber, dass man in den kommenden Wochen wieder zu Sicherheit mit dem typischen Ansatz des Trainers zurückfindet. Im Kampf um den Klassenerhalt steht zudem über allem, z. B. bei personellen Anpassungen, zukünftig wieder mutig und proaktiv zu agieren.

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