FC Schalke 04 – SG Dynamo Dresden: Spielanalyse

Und wieder muss die SGD eine Niederlage einstecken. Gegen Schalke 04 wirkt das 3:0 auf den ersten Blick unglaublich bitter. Am Ende war Dynamos Leistung jedoch überhaupt nicht so schlecht. Warum? Die Hintergründe erfahrt ihr hier.

Der Gegner

Mit Schalke 04 stand Dynamo zum Zweitliga-Topspiel dieses Mal ein Gegner gegenüber, dessen Name größer wirkt als die aktuelle Leistungsfähigkeit. Ja, Schalke steht nun auf Tabellenplatz 2 und hat in den letzten Wochen einige Siege geholt – für wirklich stabil und langfristig erfolgsversprechend halte ich die Schalker Spielweise aber nicht.

In dem gespielten 3142 versammelt man schlicht die größtmögliche individuelle Klasse der gesamten zweiten Liga. Auf diese scheint der Großteil des Sportlichen zu fußen. Eigentlich ist jeder Defensiv- bzw. Offensivakteur auf den jeweiligen Positionen positiv hervorzuheben. Palsson ist defensiv zum Beispiel ein extrem erfahrener und zweikampfstarker Akteur. Offensiv muss man natürlich die Doppelspitze aus Bülter und Terrodde hervorheben, ohne dass es dazu weitere Erklärungen braucht. 

Damit ist Schalke vielen Gegnern zumindest schon einmal in den Einzelduellen überlegen. Gesamttaktisch sieht das Ganze aber anders aus. Das Pressing, sowohl höheres Angriffspressing als auch tieferes Mittelfeldpressing, funktioniert meist solide bis gut. Prunkstück der Defensive ist natürlich die Endverteidigung im Strafraum, was wiederum besonders durch die individuelle Klasse der Verteidiger beeinflusst wird.

Mit Ball ist Schalke dagegen jedoch deutlich limitierter. Unter Druck scheint nur wenig Wille vorhanden zu sein, Situationen spielerisch aufzulösen und so kontrollierte Angriffe zu starten. Vielmehr spielt man sehr schnell und häufig den langen Ball auf Terrodde und versucht daraufhin mit den vier offensivdenkenden Akteuren, den zweiten Ball zu gewinnen.

Das wiederum war zumindest gegen die SGD stets ein gewisser Gefahrenherd. Terrodde mit seiner Physis und Cleverness, Bülter daneben als potenzieller Tiefenläufer und kreative und aggressive Zehner wie Zalazar sind für solche Situationen und sinnvolle dynamische Anschlussaktionen mit klugen gegenläufigen Bewegungen natürlich Gold wert. Neben Standards kreiert Schalke nämlich genau aus dieser Art von Situation Torgefahr.

Dynamos Matchplan

Wie musste Dynamo nun das Spiel angehen? Zunächst einmal galt es logischerweise, diese gefährlichen Situationen zu vermeiden. Der Pressingplan musste stimmen. Das war besonders knifflig, da Schalke der erste Gegner in dieser Saison war, der in einem 3142 aufbaute. Das verlangte nach einer Systemumstellung, denn aus einer klassischen Rautenformation ließe sich dagegen keine sinnvolle Pressingstruktur finden. Folgerichtig stellte Dynamos Trainer Schmidt deswegen auf eine 343-Grundordnung um. So hatte die SGD hinten gegen Schalkes Angreifer immer noch eine 1-Mann-Überzahl, gerade um die langen und zweiten Bälle zu verteidigen, und konnte trotzdem mannorientiert auf das gegnerische Aufbaupersonal hochschieben. 

Dynamos Angriffspressing – mannorientiertes 343.

Nur Sechser Palsson hatte nominell keinen direkten Gegenspieler, er sollte aber in den Deckungsschatten des jeweiligen zentralen Stürmers der SGD genommen werden. (Dass das nicht immer funktioniert hat, war nicht weiter schlimm, da Schalke sowieso selten kurz aufbauen wollte, vor allem nicht über das Zentrum).

Mit diesem Pressingplan und der gewohnt hohen Intensität war Dynamo in der Lage, Schalkes Aufbau früh zu stören und viele lange Bälle zu erzwingen. Dass diese Pässe auf Terrodde schwer zu verteidigen waren, konnte man schon zu Beginn sehen; im Großen und Ganzen konnte die SGD die jeweiligen Situationen aber meist gut wegverteidigen. Gerade am Anfang der ersten Hälfte gelang es zudem, einige gefährliche Ballgewinne zu erzeugen und dann daraufhin umzuschalten. Das ist ja, wie wir wissen, genau der Weg, wie Schmidt-Mannschaften idealerweise zum Torerfolg kommen.

Das Gegentor

Leider agierte die SGD, wie auch schon in den letzten Spielen, in diesen Situationen zu unpräzise. Dabei half auch nicht, dass man die Ballgewinne meist erst circa an der Mittellinie auf den Außenbahnen gewinnen konnte (dort ließ sich der gegnerische Außenverteidiger am besten isolieren) und daher der Konterweg sehr lang wurde. Nimmt man noch die gut bestückte Restverteidigung (3+1) der Schalker und deren individuelle Klasse hinzu, ist klar, warum es Dynamo nicht gelang, zu Torchancen zu kommen. Ganz im Gegenteil: Nach einem Einwurf in der eigenen Hälfte war Dynamo mal nicht in der Lage, die relevanten Einzelduelle zu gewinnen, was am Ende in einem Gegentreffer mündet. (Grundsätzlich sind solche Fehler meines Erachtens nach normal, das kann passieren. In dieser Situation gegen einen solchen Gegner ist das natürlich jedoch mehr als kontraproduktiv und bitter.)

Weiterer Spielverlauf

Nach dem Gegentor lief das Spiel zunächst mit ähnlich viel Stückwerk auf beiden Seiten weiter. Ähnlich wie Schalke hatte auch Dynamo keinerlei Ambitionen, sich durch das hohe gegnerische Pressing durchzukombinieren, spielte viel lieber lange Bälle.

Schalkes Angriffspressing – 343, Zentrumskompaktheit, Lenken nach außen.

So bestand die gesamte erste Hälfte aus zahlreichen Umschaltsituationen in beide Richtungen. Doch obwohl es Dynamo nicht über den gesamten Zeitraum geschafft hat, die hohe individuelle Klasse der Schalker zu verteidigen, haben die Dresdner das insgesamt durchaus ordentlich bis gut gemacht. Nur der Spielverlauf mit dem unglücklichen Gegentor, das wiederum Schalke immer mehr Passivität gönnte, spielte natürlich eher den Gelsenkirchnern als den Dresdnern in die Karten.

Halbzeit 2 mit gewohnten Limitationen

Genau das konnte man dann in der zweiten Hälfte erkennen. Schalke zog sich nun mehr und mehr zurück und überließ Dynamo den Ball, die ein Tor erzielen mussten. Wie auch schon in den letzten Wochen wurde bei der SGD nun deutlich, dass man in der Spielphase Ballbesitz noch viel Luft nach oben hat. 

Einen klaren Plan hatte man. Immer klarer wurde die schon zu Beginn im Aufbau sichtbare 424-ähnliche Struktur, denn ein Außenverteidiger schob immer wieder sehr hoch, fast bis auf die letzte Linie. Dynamo wollte Schalkes Abwehrkette so mit so viel Personal wie möglich überladen, um dann über lange Bälle auf Daferner plus zweite Bälle oder direkte Chips in die Tiefe die Gegner zu überspielen. Mit der Zeit schoben dann auch beide Außenverteidiger immer höher, doch wirkliche Gefahr brachte das Dynamo nicht.

Dynamos Ballbesitz – lange Bälle.

Hier wären weitere Ideen und Abläufe hilfreich gewesen, um den Schalker Block zu knacken. Ich hätte mir beispielsweise gewünscht, dass die SGD den 3er-Aufbau stärker fokussiert und versucht, über die Halbverteidiger fallende Stürmer in den Halbräumen zu finden. Da Schalkes Achter stets sehr hoch auf Dynamos Sechser schoben, war dort durchaus häufig freier Raum. Angelaufen und angespielt wurde er jedoch nur vereinzelt in Hälfte Eins, wo u. a. Aidonis und Akoto einige gute vertikale Pässe spielten. Am Ende schien diese Option jedoch nicht im primären Fokus zu liegen. 

Dynamos Ballbesitz – vorgeschlagene Lösung über Halbraum.

Fazit

So gelang es Dynamo im Endeffekt nicht, die nötige Torgefahr auszustrahlen, um gegen Schalke Punkte einzufahren. Im Verlauf der zweiten Hälfte war man dann zudem noch ein zwei Mal nicht aufmerksam genug, was zu Gegentoren und dem vorläufigen Ende der Partie führt. Eine Partie, in der eigentlich mehr drin war. Eine Partie, in der die SGD eine insgesamt gute Leistung abliefert, am Ende aber – ähnlich wie in den letzten Wochen – vor allem aufgrund von Pech, den aktuellen Umständen und den strategischen Schwächen verliert. Aber auch eine Partie, die uns frustrierten Fans trotz der zahlreichen Niederlagen keine großen langfristigen Sorgen bereiten muss. Der Weg stimmt.

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