
Jan Seifert beim virtuellen Mitgliederstammtisch zu Gast
Um auch in Corona-Zeiten im Kontakt mit unseren Mitgliedern zu bleiben und den Austausch anzubieten, veranstalten wir regelmäßig Online-Abende für unsere Mitglieder. Bei der inzwischen sechsten Auflage fand erstmals ein solcher Mitgliederstammtisch mit einem Gast statt. Jan Seifert, der Nachwuchsleiter der SG Dynamo Dresden, nahm sich nach Feierabend die Zeit, um über den Dynamo-Nachwuchs zu plaudern. Knapp 20 Mitglieder und weitere Gäste hatten sich zum Stammtisch angemeldet, um mehr über Jugendarbeit bei der Sportgemeinschaft zu erfahren.
Jan Seifert gilt ohne Zweifel bereits als schwarz-gelbes Urgestein. 2004 wechselte er im Alter von 36 Jahren von der SpVgg Unterhaching nach Dresden und kickte noch eine Saison im schwarz-gelben Trikot. Anschließend beendete er seine aktive Profi-Karriere und trainierte die zweite Mannschaft der SGD. Unter Ede Geyer und Ruud Kaiser war er später als Co-Trainer an der Seitenlinie aktiv. Es folgte ein weiteres Trainer-Intermezzo bei Dynamos Zweiter und beim Radebeuler BC. Seit 2014 ist Jan Seifert für den Dynamo-Nachwuchs verantwortlich und kümmert sich als Leiter mit seinem Team um die Entwicklung neuer Dynamo-Talente.
Der Dynamo-Nachwuchs in Corona-Zeiten
„Ich freue mich, dass ich hier sein darf und mache das auch sehr gern“, ließ Jan zu Beginn der 90 Minuten die anwesenden Zuhörerinnen und Zuhörer wissen. Die erste Frage drehte sich natürlich um die aktuelle Situation im Nachwuchs. Die Spieler aus dem Leistungszentrum der SGD dürfen trotz Corona-Pandemie trainieren, allerdings sind seit November 2020 keine Wettkämpfe mehr möglich, weil der Spielbetrieb im Nachwuchsbereich abgebrochen wurde.
„Wir sind sehr dankbar, dass wir weiterhin trainieren dürfen, aber es ist nicht einfach. Die Spieler benötigen den Wettkampf für ihre Entwicklung, doch wir wollen nicht klagen. Wir meistern das im Moment sehr gut, weil im Nachwuchsbereich alle weiter akribisch arbeiten“, fasste Jan Seifert die aktuelle Lage zusammen. Es besteht die Hoffnung, dass mit dem Start der neuen Saison wieder normale Abläufe in den Trainings- und Spielbetrieb einziehen.
Im Leistungsbereich finden aktuell nur einige Testspiele gegen Teams aus anderen Leistungszentren statt. Dabei kommen wie bei den Profis ausgearbeitete Hygienekonzepte zur Anwendung.
Professionelle Bedingungen für junge Fußballer
Die Teilnehmer am Mitgliederstammtisch waren darüber hinaus neugierig, wie die Zusammenarbeit mit der ersten Mannschaft funktioniert und wie sich das neue Trainingszentrum des Vereins auf die Bindung zwischen Profis und Nachwuchs auswirkt. „Das Miteinander ist durch die Nähe jetzt noch besser geworden, weil die Wege kurz sind und mehr Zeit für persönliche Gespräche mit der sportlichen Leitung bleibt“, berichtete der Dynamo-Nachwuchsleiter. „Die jungen Spieler sehen die professionellen Bedingungen im Verein und wissen um den Mehrwert, um bei Dynamo über den Nachwuchs hinaus Fußball spielen zu können“.
Jan Seifert gab auch einen Einblick in die Dynamo-Philosophie. Seit dem Wirken von Ralf Minge hat sich viel getan und mit dem Stadion, der Nachwuchsakademie und dem Trainingszentrum ist Dynamo als Ausbildungsverein sehr attraktiv geworden. Doch in der Nachwuchsschmiede wird nicht nur auf das Fußballspiel geschaut. „Wir legen ebenso viel Wert auf Schulbildung und die persönliche Entwicklung. Bei uns bekommen junge Spieler auch Zeit, sich zu entwickeln“, erklärte „Seif“ und ergänzte: „Unser Team im Nachwuchs arbeitet authentisch und versucht, die Dynamo-Tugenden weiterzugeben“.
Einblicke in das Scouting von Jugendspielern
Weitere Themen, auf die Jan Seifert ausführlich einging, waren das Scouting von jungen Spielern und die Trainerausbildung im Nachwuchs. Hier erklärte er, dass Dynamo den Fokus beim Sichten von jungen Talenten unterhalb der U16 auf die nahe Umgebung legt. Das Einzugsgebiet reicht dabei vom Stadtgebiet über die Regionen um Dresden bis in den östlichsten Teil von Sachsen. Die Suche nach Talenten ab der U16 oder älter findet dann auch im ostdeutschen Raum statt. Hier nutzt Dynamo ein Netzwerk, um Ausschau zu halten. Ein gutes Beispiel für diese Arbeit ist Kevin Ehlers, der als Nachwuchsspieler von Hansa Rostock nach Dresden wechselte und inzwischen zum Stammpersonal der ersten Mannschaft gehört. Jan Seifert machte aber auch deutlich, dass es zu anderen Klubs noch große Unterschiede gibt, da die Sichtung als Prozess gerade personell eine große Aufgabe ist.
Im vergangenen Jahr hatten sich Fans nach einem Aufruf als dynamischer Spielbeobachter beworben, um nach neuen Dynamo-Talenten zu suchen. Doch die Corona-Pandemie stoppte das Projekt zunächst. Vorbild für diese Form des Scoutings ist übrigens Benfica Lissabon, die das auch mit Fans bewerkstelligen.
Daten und Laptop-Trainer gibt es auch bei Dynamo
Sehr interessiert waren die Teilnehmer, ob Dynamo bereits Daten als Grundlage für Spieleranalysen nutzt. Hier nannte Jan Seifert eine Reihe von Ansätzen, die bereits länger im Nachwuchsbereich der Sportgemeinschaft anwendet werden. Dazu gehören beispielsweise Spielerbewertungsbögen, Profile mit Stärken und Schwächen sowie Trainingsinhalte, die dokumentiert und archiviert werden. Zu den Trainingsinhalten gehören auch die Lernziele, die sich bei jedem Jahrgang anders gestalten. Grundstein für diese Arbeit war die mehrfache Zertifizierung der Nachwuchsakademie mit drei Sternen. Diese Bewertung war laut Jan Seifert nicht nur finanziell ein Vorteil, sondern hat dem Nachwuchs in Dresden auch mehr Gewicht und Aufmerksamkeit gegeben.
Bei diesem Thema kam natürlich auch die Sprache auf die modernen Laptop-Trainer, zu denen Jan Seifert eine klare Meinung vertritt. „Dieser Typ von Trainer gehört heute zum modernen Fußball dazu, aber am Ende ist die Mischung wichtig. Spieler brauchen auch einen Trainer, der ihnen das Fußballspielen einfach erklärt.“ Mit dieser Kombination beschreitet Dynamo seit vielen Jahren erfolgreich den Weg. „Wir wollen hier in Dresden Fußball spielen, angelehnt an den Kreisel aus den 1970er-Jahren. Das war unser Erfolgsrezept und obwohl sich der Fußball natürlich weiterentwickelt hat, wollen wir diese Philosophie vom Fußballspielen den jungen Talenten mit auf den Weg geben.“
Spannender Stammtisch mit interessanten Einblicken aus erster Hand
Zum Abschluss tauschten sich die Anwesenden mit Jan Seifert über das Pro und Contra einer zweiten Mannschaft bei der SGD aus. Außerdem gab der Dynamo-Nachwuchsleiter noch einen Einblick, mit welchen Wünschen und Vorstellungen junge Kicker heutzutage aufwarten und welche Rolle die Berater bereits in unteren Altersklassen spielen.
Nach anderthalb Stunden und mit vielen Fragen und spannenden Einblicken neigte sich der interessante und spannende Abend dem Ende. Klar war schnell, dass eine Fortsetzung in absehbarer Zeit folgen soll, denn längst waren nicht alle Fragen gestellt. Wir bedanken uns bei Jan Seifert für seine Bereitschaft und die vielen Eindrücke aus der Arbeit eines Nachwuchsleiters. Drücken wir die Daumen, dass es spätestens in der neuen Saison wieder Punktspiele im Dynamo-Nachwuchs gibt und ein Besuch am Spielfeldrand für Fans und Mitglieder möglich wird.
Foto: Steffen Kuttner