SG Dynamo Dresden – SV Jahn Regensburg: Spielanalyse

Gegen den SV Jahn Regensburg holt die SGD fast den so lang ersehnten Sieg. Dabei spiegelt das letztliche Unentschieden vielmehr den zähen Verlauf des Abstiegskampfspiels wider. Denn auch Dynamo fokussierte sich wieder auf Einfachheit in den eigenen Abläufen. Schauen wir uns das noch einmal genauer an.

Der Gegner

Mit dem Jahn aus Regensburg stand Dynamo am Samstagnachmittag ein Kontrahent gegenüber, dessen Saison und diesjährige Entwicklung durchaus große Ähnlichkeiten mit der Dresdner aufwirft. Der Kader wurde zu Saisonbeginn auch mit einigen sehr spannenden, weil entwicklungsfähigen Akteuren aus den unteren deutschen Ligen verstärkt. Wie Dynamo unter Alexander Schmidt denkt Jahn-Trainer Mersad Selimbegovic das Spiel primär gegen den Ball. Über Angriffspressing, höchste Intensität auch in Umschaltszenen und direktes vertikales Spiel mit dem Ball versucht der Jahn, erfolgreich zu sein.

Das gelang in der ersten Saisonhälfte sogar über eine noch deutlich längere Phase als bei Dynamo. In den letzten Monaten zeigt der Ergebnistrend aber in Regensburg wie in Dresden steil nach unten. Woran das genau liegt, vermag ich aus der Ferne nicht zu beurteilen. Es wirkte sich auf jeden Fall insofern auf das Spiel aus, als dass der Jahn scheinbar nicht mehr mit voller Überzeugung und Selbstsicherheit den eigenen Stil umzusetzen vermochte ­– was insbesondere bei einem solch physischen und intensiven Stil dessen Effektivität deutlich vermindert.

Der Jahn presste Dynamo wie erwartet hoch und schob auch auf die zweiten Bälle mit solider Intensität. Mit Ball suchte man schnell den Weg zu Zielspieler Albers, der über Ablagen auf die in Wellen nachrückenden Akteure die gefährlichen, Regensburg-typischen Steil-Klatsch-Kombination einleiten sollte. So effektiv (also z. B. mit einem vergleichbar hohen offensiven Chancen-Output) wie noch in der Hinrunde gelang ihnen das jedoch nicht mehr.

Dynamos Matchplan

Nichtsdestotrotz galt es für Dynamo während der Spielvorbereitung logischerweise, den Stil und die Stärken des Jahn explizit zu berücksichtigen und diese mit den eigenen Ideen in Einklang zu bringen. Vor dem Hintergrund eines potenziell sehr intensiven Gegners und vielen Unsicherheiten im eigenen Ballbesitz entschied sich Trainer Capretti wie auch zuletzt gegen Holstein Kiel wieder für den pragmatischen (Jahn-ähnlichen) Ansatz und gegen sein ursprüngliches, ballaktives Naturell. Einfache und klare Abläufe sollten Stabilität und Sicherheit bringen.

Mit dem Ball lockte Dynamo den Jahn mit einem kurzweiligen Aufbau in tiefen Zonen des 3412 nach vorn, um dann ausschließlich lange Bälle auf Zielspieler Daferner zu spielen. Ziel war, über kluge Bewegungen in letzter Linie und nachrückende Akteure, den folgenden zweiten Ball zu gewinnen und daraus ins letzte Drittel zu gelangen.

Gegen den Ball verteidigte Dynamo Regensburgs 442 Mann gegen Mann über das gesamte Feld – im 3412 also ebenso ausgesprochen einfache Abläufe für jeden Einzelspieler.

Dynamos Pressing, Regensburgs Aufbau – Mannorientierungen über das gesamte Feld (Beispielszene).

Vor dem Hintergrund der zahlreichen langen Bälle auf beiden Seite war es in diesem Spiel insgesamt besonders entscheidend, im Gegenpressing und bei zweiten Bällen mindestens dasselbe Intensitätslevel wie der Gegner auf den Platz zu bringen. Das war sicher einer der Hauptgründe für die neue Grundordnung und Positionsbesetzung unter Capretti. Mit dem 3412 und einem laufstarken, intensiven Akoto bekam man für diese Szenen viel defensivdenkendes Personal in das Zentrum und die hinteren Zonen. Bei langen Bällen an die letzte Linie konnte man zudem Überzahl herstellen, wenn die Flügelverteidiger schnell zurückrückten.

(Zudem ermöglichte die Fünferkette, dass der Flügelverteidiger im eigenen Drittel potenziell aggressiv nachrückende Außenverteidiger des Jahns aufnehmen konnte. Im Hinspiel war das einer der Probleme für Dynamo, nun stellte das (jedoch auch aufgrund des Gegners und der gesamten Spielanlage) kein prägendes Problem mehr da.)

Ein Kampfspiel

Entsprechend der einfachen und ähnlichen Abläufe beider Teams entwickelte sich ein wahres (und überhaupt nicht attraktives) Kampfspiel. Wie erwartet prägten das Spiel vor allem zahlreiche lange und zweite Bälle, die vor allem über die Intensität beider Teams entschieden wurden. Dessen Level war weitgehend okay in diesem Spiel – beide Teams haben in dieser Saison jedoch auch schon deutlich wuchtiger agiert.

Wenngleich auch Dynamo das schon deutlich besser zeigte, konnte man sich in diesem Spiel relativ zum Gegner zumindest einen kleinen Vorteil „erspielen“. Gerade in der ersten Hälfte gewann Dynamo eine solide Anzahl der Einzel- und vor allem Kopfballduelle. Wichtig: Bei zweiten Bällen machte sich die 3412-Idee mit Akoto aus den schon beschriebenen Gründen bezahlt.

Zudem schien der Jahn überrascht von Dynamos Grundordnung gewesen zu sein und einen Viereraufbau erwartet zu haben. Die erste Aufbauaktion wollte Regensburg noch mit einem klassischen 4Raute2 (siehe Dynamo unter Schmidt, Stürmer auf Sechser, Lenken nach außen, Achter schieben hoch) zustellen, bekam mit Dynamos Dreierkette jedoch Zugriffsprobleme.

Daraufhin lief Regensburg Dynamo in einem sehr engen 433 an, um die Mannorientierungen über das gesamte Feld wiederherzustellen. Diese Struktur bedeutete jedoch auch viel Risiko. Da die Achter wie im Rautenpressing weiterhin sehr weit herausschoben, entstand dahinter viel Raum für die Stürmer Dynamos. Gewinnt man dort ein Einzelduell, kann das schnell gefährlich werden.

Dynamos Aufbau, Regensburgs Pressing – hohes Angriffspressing im 433 (Beispielszene).
Dynamos Aufbau, Regensburgs Pressing – Sechser Gimber sichert tief ab, dafür erhält theoretisch Weihrauch Raum (Beispielszene).

Situativ bewegte sich Dynamo dort auch sehr klug. Die Positionierung der drei Stürmer passte über das gesamte Spiel nicht immer zusammen. Grundlegend konnte man jedoch folgendes Muster erkennen:

Zunächst positionieren sich die drei Spieler eng beieinander. Während der Zielspieler (meist Daferner) an letzter Linie dem langen Ball mit Dynamik entgegenkommt, startet ein weiterer (meist Königsdörffer) für eine potenzielle Weiterleitung und das Zurückdrängen der gegnerischen Kette in die Tiefe. Währenddessen sich meist Weihrauch eine kluge Positionierung zwischen den Linien, um den zweiten Ball zu erhalten. Für letzteres rückten zudem auch der ballnahe Flügelverteidiger und beide Sechser (Akoto!) intensiv heraus, um mit viel Personal und Wucht den Ballbesitz zu halten und das Spiel nach vorn fortzusetzen.

Dynamos Aufbau, Regensburgs Pressing – langer Ball, kluge Bewegungen in letzter Linie, Nachrücken für den zweiten Ball (Beispielszene).

Gelang das, ging es bei Dynamo schnell auf den Flügel, dort ins 1v1 und/ oder zu einer Flanke. Gerade Diawusie konnte dabei wieder seine 1v1-Stärke ausspielen. Trotz quantitativ passender Boxbesetzung gelang es Dynamo so selten, prägende Torgefahr zu kreieren. Am Ende agierten die Regensburger Innenverteidiger in der Endverteidigung jedoch doch nicht komplett souverän, wie beispielhaft an Daferners Tor deutlich wurde.

Die zweite Spielhälfte

In der zweiten Halbzeit veränderte sich das Spiel in Details. Regensburg stellte gegen den Ball leicht um, sodass sie für zweite Bälle im Zentrum leichter in die Kompaktheit kamen. Statt einem hohen und engen 433 staffelten sich die Außenverteidiger minimal enger und das Mittelfeld nun etwas tiefer, meist mit einem zweiten Sechser aus einer tieferen Startposition „auf dem Sprung“.

Dynamos Aufbau, Regensburgs Pressing – leichte Anpassungen für mehr zentrale Kompaktheit (Beispielszene).

(Dass das auch Dynamos Flügelverteidigern etwas mehr Raum gab, erwies sich aufgrund Dynamos einseitigen Abläufen und gutem Zuschieben der Regensburger als keine prägsame Gefahrenquelle.)

Zudem fokussierte Regensburg vermehrt eine Asymmetrie, indem Rechtsverteidiger Saller in allen Spielphasen situativ tiefer blieb und der Linksverteidiger Beste (in der ersten Hälfte noch rechter Flügel) viel höher schob. Gerade im Aufbau sollte das Giorbelidze herauslocken, um den daraufhin überladenen Raum hinter ihm mit einem langen Ball zu bespielen. Abseits einer Großchance, bei der Will in diese für ihn nicht ideale Zone absichern muss und daher ein direktes Duell verliert, verlief aber auch das im Sand.

Dynamos Pressing, Regensburgs Aufbau – Asymmetrie lockt Giorbelidze, Will muss Überladung absichern (Beispielszene).

Fazit

Insgesamt blieb diese Partie neben einzelnen Details schlichtweg über den gesamten Verlauf ein reines Kampfspiel mit ausgesprochen vielen 50/50-Aktionen. Dafür war Dynamo trotz einem nicht übermäßig hohen Intensitätslevels zumindest mit einigen taktischen Kniffen vorbereitet, war so leicht überlegen und hätte auch gewinnen können – wobei in der Bewertung auch der ähnlich einseitige und verunsicherte Gegner einzupreisen ist. Letztlich ist eine solche Spielweise einfach keine, die die eigene Siegwahrscheinlichkeit signifikant von der des Gegners abhebt, sondern dem Zufall und kleinen Fehlern eine große Bedeutung zugesteht. So kann man dann doch immer nochmal ein Gegentor kassieren.

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