SG Dynamo Dresden – SV Werder Bremen: Spielanalyse

Dynamo gewinnt überraschend deutlich gegen den SV Werder Bremen. Wie das zustande gekommen ist, zeigt eine genauere Betrachtung des Spiels am Sonntagnachmittag.

Anfangs Werder

Dynamo stand dieses Wochenende ein erwartungsgemäß spielstarker Gegner gegenüber. Typisch für Trainer Anfang agierte Werder in einer 4141-Grundordnung und mit hohem strategischen Fokus auf den Ballbesitz. Grob zusammengefasst kann man sagen, dass Bremens Ziel dabei ist, das Spiel kontrolliert und dominant über die eng und tief positionierte Viererkette und den Ankersechser aufzubauen, um daraufhin zu den sehr hoch und breit positionierten Angreifern zu gelangen. Diese ziehen die gegnerische Kette auseinander und schaffen so Raum für einander, sodass bei Anfang-Teams zum Beispiel die hohen Halbräume als Ziel derlei Aufbaukombinationen zu beobachten sind. Von dort aus sollen dann die häufig angebotenen, dynamischen und gefährlichen Tiefenläufe der drei Stürmer mit Steckpässen bespielt werden.

Dynamos gut vorbereiteter Pressingplan

Häufig schaffen es solche Teams, den Gegner zu dominieren und genügend Chancen zu kreieren. Für Dynamo galt es also zunächst, einen sinnvollen Pressingplan zu finden, um diesem zu kontern – und das hat Trainer Schmidt definitiv geschafft.

Aus dem schon bekannten 433-/ 4Raute2-System lief Dynamo Werder zu Beginn im Angriffspressing (später auch etwas tiefer, aber grundsätzlich ähnlich) hoch an. Daferner nahm dabei den im Werder-Aufbau so wichtigen Ankersechser mit Mannorientierung aus dem Spiel, während die Flügel Schröter und RYK durch ihre enge Positionierung und bogenförmiges Anlaufen den Gegner nach außen zu lenken versuchten. 

Der provozierte Pass auf den Außenverteidiger wurde dann sofort durch Dynamos Achter attackiert, währenddessen die gesamte Mannschaft wiederum sehr aggressiv auf die ballnahe Seite verschob und so den Raum für Werder verknappten und deren Anspielstationen schlossen. 

Dynamos Pressing #1 – Lenken nach außen.
Dynamos Pressing #2 – extremes Verschieben, AV nach vorn.

Dabei mussten vor allem Dynamos Außenverteidiger (meist auf gegnerischen Achter) und Innenverteidiger (nachschieben auf gegnerischen Flügel) große und durchaus nicht risikolose Wege gehen, insgesamt agierte man in diesem Pressing jedoch sehr mutig, aggressiv und dadurch auch sehr erfolgreich.

Halbzeit 1

So wurden zahlreiche Bremer Offensivbemühungen schon im Keim erstickt, indem Dynamo ungenaue Bälle provozierte und gerade in den Halbräumen einige vielversprechende hohe Ballgewinne erzielen konnte. Bremen spielte aufgrund des hohen Pressings gerade zu Beginn durchaus auch einmal einige lange Bälle auf die Tiefenläufe der Stürmer – das bekam Dynamo teils nicht komplett souverän verteidigt, es war aber ebenso nicht super gefährlich. Ähnliches gilt für einige Umschaltsituationen in Hälfte 1.

Negativer hervorzuheben ist aus Dresdner Perspektive dagegen das Spiel mit Ball. In Ballbesitz war man gewohnt limitiert, spielte viele Longline-Bälle. Doch auch in Umschaltaktionen agierte man extrem ungenau, was einige potenziell gefährliche Konter verhinderte. (Auch wenn gerade in dieser Hinsicht die personellen Probleme einen großen Einfluss hatten. Will als undynamischer linksseitiger Sechser auf der rechten Achterposition und Schröter in vorderster Front, der eigentlich am liebsten die Breite gibt, hatten zum Beispiel einige individuelle Probleme.) Klar, dass Dynamo kein Ballbesitzteam ist, ist offensichtlich. Das ist auch okay. Wie schon seit Wochen immer mal wieder erwähnt, muss man sich dahingehend aber noch deutlich weiterentwickeln, wenn man an langfristigen Erfolg denkt. 

Aber zurück: Gegen Bremen kamen diese Schwächen weniger zur Geltung als beispielsweise in den letzten Wochen gegen tief stehende Kontrahenten. Dynamo konnte sich auf die eigenen Stärken konzentrieren und war mit dem oben beschriebenen Pressingplan in der Lage, Bremen zu kontern. Nach einer gut ausgespielten (und schwierig verteidigten) Umschaltaktion erzielte man ja dann schließlich das 1:0.

Halbzeit 2

In der zweiten Hälfte änderte sich nicht viel an der Herangehensweise beider Teams. Wie im Laufe der ersten Halbzeit schon eingetreten, lief Dynamo nun etwas tiefer an, blieb strukturell aber bis ungefähr zur 70. Minute bei dem Anfangsplan. Nur um später dann die Breite noch besser zu kontrollieren, zog man im Laufe der Spielzeit nochmal beide Flügel in ein 451 zurück. 

Dynamos Pressing #3 – tieferes 451.

In beiden Phasen verteidigte, verschob und duellierte sich Dynamo jedoch ausgesprochen diszipliniert. Auch die normalerweise als eher offensiv- als defensivdenkenden Mörschel und Königsdörffer fielen dabei positiv auf. Insgesamt schaffte man es, gerade das Zentrum und die zuvor angesprochenen Halbräume zu schließen und gleichzeitig die Tiefe zu kontrollieren, was Bremen das Offensivspiel deutlich erschwerte und nur wenige Chancen zuließ. Dabei waren ab und an mal einige Unsicherheiten in Dynamos Defensive dabei (zum Beispiel wenn situativ ein Bremer AV noch deutlicher mit hoch schob als schon zuvor und so die Zuordnung im Pressing situativ nicht mehr stimmte), spätestens in der Endverteidigung der Box agierte man jedoch meist ziemlich souverän. 

Gepaart wurde das schließlich mit einer höheren Genauigkeit und besseren Entscheidungsfindung im Umschaltspiel (siehe besonders das 2:0; wenn ich es schaffe, schreibe ich da noch einmal explizit was dazu), was Dynamo die beiden Kontertore und damit am Ende den Sieg bescherte.

Fazit

Dieser Sieg fällt am Ende meiner Meinung nach etwas zu hoch aus, denn so viele Chancen konnte sich Dynamo nicht erspielen (das Spiel kann mit Pech auch 0:1 ausgehen; an der Chancenerarbeitung muss man arbeiten). Insgesamt gewinnt man jedoch trotzdem verdient, da man gegen individuell eigentlich stärkere Bremer eine gute Antwort auf deren normalerweise gefährliche Spielweise geben kann. 

Grundsätzlich hat Dynamo wieder den typischen Schmidt-Fußball gespielt, ist dieses Mal jedoch auf einen Gegner getroffen, der einem durch seinen Dominanzanspruch und Ballbesitzfokus strategisch deutlich besser liegt. Genau das ist die Art von Spielen, aufgrund derer ich für Dynamo gute Chancen in dieser Saison sehe und auch der Überzeugung bin, dass eine solide Runde möglich ist.

Langfristig gilt es jedoch natürlich trotzdem, dass man sein taktisches Profil komplettieren sollte. Auch gegen Bremen war nicht alles besonders gut. Den Ballbesitz sollte man für langfristigen Erfolg im Auge behalten.

(P.S.: In der kommenden Länderspielpause holen wir die Analysen der zuletzt verpassten Spiele nach, da wird der Ballbesitz nochmal ein größeres Thema.) 

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