SSV Jahn Regensburg – SG Dynamo Dresden: Spielanalyse

In einem wechselhaften Spiel am Freitagabend verlor die SG Dynamo Dresden gegen Jahn Regensburg mit 3:1. Dabei zeigte man gleichzeitig spannende Ansätze und bekannte Schwächen. Lasst uns nochmal genauer hinschauen.

Der Gegner 

Jahn Regensburg spielt aktuell nicht umsonst im Aufstiegskampf der zweiten Liga eine nicht zu unterschätzende Rolle. Sie spielen einen ähnlich angelegten Stil wie die SGD, sind in dessen Gesamtentwicklung aber schon deutlich weiter und gefestigter. Sie schaffen es auf beeindruckende Weise, ihren Plan mit aggressivem Pressing, dynamischem Umschalten und vielen langen und zweiten Bällen auf den Platz zu bringen. Individuell sind sie extrem diszipliniert und durchsetzungsfähig, gesamttaktisch setzt man die Abläufe klar und aufeinander abgestimmt um. Gegen Dynamo war das wieder einmal der Fall. 

Jene, die sich einmal tiefgründiger mit dem Jahn auseinandersetzen möchten, verweise ich nochmal auf folgenden Artikel:

https://jasminebaba92.medium.com/regensburg-the-surprise-leaders-of-2-bundesliga-after-5-games-what-are-they-doing-right-f703eaa5be44

In Bezug auf das betrachtete Spiel halten wir aber zusammenfassend folgendes fest: Der Jahn presste meist hoch oder schloss das Zentrum des Feldes. Mit Ball legten sie den Fokus auf lange Bälle, die gut vorbereitet wurden. Durch enge Positionierung ging man aggressiv auf die zweiten Bälle und wollte so in dynamische Umschaltaktionen gelangen. Diese Phase ist wiederum die, in der der Jahn mit ganz klaren mannschaftstaktischen Abläufen die meiste Gefahr ausstrahlt. Mit viel Personal und hohem Tempo attackieren sie sofort die Tiefe, zeigen dabei sinnvoll aufeinander abgestimmte diagonale und entgegengesetzte Läufe und eine hohe Präzision im Kombinationsspiel. Auch die sog. zweite Welle organisiert Regensburg mit dynamisch nachrückenden Außenverteidigern auf gefährliche Art und Weise. Schauen wir uns diese Aspekte einmal vor dem Hintergrund des Spielverlaufs und der Herangehensweise der SGD genauer an. 

Ausgeglichene Anfangsphase

Das Spiel begann zunächst mit einer kurzen Phase, die typisch für Mannschaften wie Regensburg und Dynamo von zahlreichen Pressingaktionen auf beiden Seiten geprägt war. Beide Teams pressten hoch, gingen nach Ballverlust intensiv ins Gegenpressing und wollten so Umschaltaktionen vorbereiten. Die jeweils andere Seite verteidigte diese aber wiederum sehr intensiv und erfolgreich. 

Mit der Zeit begann jedoch die klare Überlegenheit des Jahn in allen Spielphasen:

Dynamos Spielaufbau

Situativ galt es für Dynamo, das Spiel aufzubauen. Aus der vom Düsseldorf-Spiel bekannten, neuen 4132-Struktur, schaffte man dabei einerseits gute Voraussetzungen für lange Bälle. Andererseits versuchte man zu Beginn auch einige Male, flach aufzubauen, da sich Regensburg mit zwei tieferen 4er-Ketten und nur zwei anlaufenden Stürmern darauf eingestellt hatte. Zwar war die Struktur dafür nicht super ideal, einige Male erreichte man so dennoch höhere Zonen, kam bspw. über die Außenverteidiger in den Halbraum. Allerdings schlichen sich in einigen dieser Situationen wieder einmal klare Aufbaufehler ein, sicher auch aufgrund der großen Abstände zwischen den Mitspielern. Daher spielte die SGD nach anfänglichen Versuchen in der restlichen Spielzeit von Halbzeit Eins nahezu ausschließlich lange Bälle, wobei man gegen Regensburgs Intensität und Zweikampfverhalten im Kampf um den zweiten Ball häufig das Nachsehen hatte und so selbst wenig Gefahr erzeugen konnte. Vielmehr spielte man im Zuge so Regensburgs Stärken in die Karten. Darauf kommen wir gleich zu sprechen.

Dynamos Pressing

Neben den Ballbesitzphasen ergaben sich noch häufiger Situationen, in denen Dynamo Regensburg unter Druck setzen konnte, wie gewohnt in Form eines hohen Angriffspressings. 

Gegen die 4114-Ordnung Regensburgs presste Dynamo aus der klassischen Raute. Die beiden Stürmer lenkten das Spiel durch bogenförmiges Anlaufen nach außen, während 10er Mörschel den zur Unterstützung der Ballzirkulation tief gebliebenen gegnerischen 6er kontrollierte. Baute der Jahn kurz auf, kam der Ball so zu Beginn einige Male auf einen isolierten Außenverteidiger, sodass Dynamo anfangs situativ hohe Ballgewinne erzeugen konnte. Das sah eigentlich vielversprechend aus.

Dynamos Pressing – beispielhafter hoher Ballgewinn.

In den kommenden Minuten klappte das jedoch nur noch sehr selten. Zu Beginn agierten die angesprochenen Regensburger Außenverteidiger etwas zu tief und zu langsam, weswegen sie leicht zu isolieren waren. Das korrigierten sie jedoch schnell. Beide positionierten sich in Aufbausituationen etwas höher, sodass Dynamos Stürmer auf sie keinen Zugriff mehr hatten. So ergab sich ein großes Problem im Dresdner Pressing. 

Der Jahn lockte durch die tiefe Positionierung des eigenen Aufbaupersonals (TW, IV, 6er) und der nun leicht veränderten Position der Außenverteidiger Dynamos Spieler (Stürmer, aber vor allem 8er) aus dem Zentrum. Die Dresdner Stürmer konnten dann zwar den Regensburger Aufbau unter Druck setzen, waren dabei aber stets in Unterzahl, sodass der Jahn immer wieder kontrollierte lange Bälle ins Zentrum spielen konnte. Nun fanden Dynamos Achter aber nicht mehr so schnell Anschluss ins Zentrum, da sie zuvor rausgelockt wurden. Damit entstand dort meist eine GleichzahlSituation, was Regensburg mit der sowieso hohen individuellen Qualität und Durchsetzungsfähigkeit viele zweite Bälle hat gewinnen lassen. (Übrigens: Ich kann mir vorstellen, dass dieses eigentliche engere Stehen und der defensive Fokus der 8er ein Grund für die Auswahl von Will war, der da noch etwas mehr Robustheit mitbringt.)

Dynamos Pressing – rausgelockt und überspielt.

Regensburgs Spiel mit Ball/ Umschaltspiel

Diese Pressingprobleme haben dem Regensburger Spiel, welches sowieso schon eine brutale Wucht entwickeln kann, noch mehr in die Karten gespielt. Sehr häufig gelang es, dass die langen Bälle ankommen und/ oder man die zweiten Bälle im Zentrum gewann. Ein Innenverteidiger Dynamos verfolgte den Zielspieler zwar meist bis weit in die gegnerische Hälfte, konnte das Duell gegen diese außerordentliche Physis jedoch selten gewinnen. Mit den zahlreichen diagonalen Tiefenläufen und dem Nachrücken der Außenverteidiger gestaltete sich dann das Absichern, Durchschieben und Nachrücken (die 8er sollten bspw. die AV des Jahn kontrollieren, hatten in HZ1 da aber Probleme) problematisch. 

Dynamos Pressing – beispielhafter langer Ball; Darstellung der notwendigen Adaptationsbewegungen der Abwehr, was nicht immer geklappt hat; zB mussten die 8er sehr weit zurückarbeiten.
Dynamos Pressing – Nachrücken der Regensburger AV, 8er müssen mitgehen.

Insgesamt war die SGD schlicht sowohl mit als auch ohne Ball der Klarheit und Robustheit des Gegners in vielen Situationen unterlegen.

Kluge Anpassungen nach der Halbzeit

Im Vergleich kam Dynamo nach der Halbzeit aber deutlich verbessert aufs Feld. Das hatte mit einigen kleinen Anpassungen zu tun. 

Zunächst brachten Akoto und Schröter jeweils mehr defensive Robustheit bzw. offensive Dynamik ins Spiel. Im Pressing positionierten sich die Stürmer des Weiteren meist etwas breiter (AV im Deckungsschatten), um das Spiel eindeutig nach innen zu lenken und dem Jahn mit den langen Bällen ins Zentrum  nur eine Aufbauoption zu lassen. So fanden die 8er einfacher und schneller Anschluss an den zentralen Block, was den Kampf um den zweiten Ball deutlich erleichterte. 

Dynamos Pressing – leichte Anpassungen, erhöhte zentrale Kontrolle.

Gleichzeitig fand Regensburg nicht mehr so recht in ihren Rhythmus. Sie spielten weniger lange Bälle, verloren zudem mehr Zweikämpfe aufgrund einer grundsätzlich höheren Intensität und Bissigkeit auf Dresdner Seite.

Mit Ball und in Kontersituationen agierte die SGD zudem signifikant ruhiger, konzentrierte sich mehr auf flache Kombinationen statt der zahlreichen erfolglosen und überhasteten langen Bälle. Mit Schröter als rechten Breitengeber konnte man einige Male in den Raum hinter den Außenverteidigern kontern, woraus bspw. auch das 1:1 fällt. 

Dynamos neue Abläufe mit Ball

In diesem Zusammenhang lohnt sich ein Blick auf die neue Herangehensweise der Dresdner, wenn man kontrolliert aufbaut und/ oder in die Offensive umschaltet. Mir scheint es, dass man in diesem Bereich während der Länderspielpause viel gearbeitet hat.

Dynamos neue Struktur mit Ball.

Zu Saisonbeginn agierte man häufig einem klaren 433, das im Aufbau mit der engen Struktur fast ausschließlich auf lange und zweite Bälle ausgerichtet war. Im Umschaltspiel orientierten sich meist Achter und äußere Stürmer auf außen, was jedoch zu schlechter Boxbesetzung im Anschluss führte. 

Jetzt interpretiert man die Raute anders. Die Stürmer stehen grundsätzlich zentraler, der 10er und die 8er stehen nahezu auf einer Linie. Im Spielaufbau hat man so immer noch eine sinnvolle Struktur für zweite Bälle, öffnet und überläd gleichzeitig aber auch den Zwischenlinienraum, was gefährlicheres Kombinationsspiel ermöglicht. 

Nach Ballgewinn orientieren sich jeweils die ballnahen 8er breit, während die Stürmer meist zentraler bleiben. So bleibt man beim Flügelfokus, hat aber klarere Aufgabenzuteilungen und bringt die Einzelspieler in optimalere Rollen. Zudem sieht so die Boxbesetzung deutlich besser aus, da Stürmer und ballferner 8er kürzere Wege ins Zentrum haben. Dafür gelten das Dresdner Tor und einige weitere Chancen als passende Beispiele. 

Insgesamt zeigen sich schlicht klarere und abgestimmtere Laufwege und Passmuster im Offensivspiel der SGD, die noch keineswegs überragend durchschlagskräftig sind, im Vergleich aber deutliche Verbesserungen darstellen.

Passivität und alte Fehler

Gegen Regensburg gestaltete die SGD die zweite Hälfte daher durchaus ausgeglichen, hätte auch ein zweites Tor schießen können. Ungefähr ab der 75. Minute wurde man jedoch – für mich ohne erkennbaren Grund (Kraft?) – zunehmend passiver. Dynamo fiel immer tiefer und konnte die Pressingintensität, gerade im vorderen Bereich, nicht aufrechterhalten.

In dieser Phase traten zudem wieder einmal altbekannte Fehler auf. Mit einem Standard kassiert man das zweite, nach ähnlichen Fehlern wie in Halbzeit Eins das dritte Gegentor.

Danach kam Dynamo zwar mit ziemlich ansehnlichen Ballbesitzmustern noch einmal zu Chancen (hätte wie zu Beginn der zweiten Hälfte auch durchaus noch ein weiteres Tor erzielen können), konnte die endgültige Entwicklung des Spiels so jedoch nicht mehr umbiegen. 

Fazit

Damit verliert Dynamo das Spiel gegen Jahn Regensburg. Im Laufe des Spiels hatte man durchaus vielfältige Probleme, verliert am Ende aus bekannten Gründen. Insgesamt zeigte man aber auch vielversprechende Ansätze, deutliche Leistungssteigerungen im Vergleich zu den Spielen vor der Länderspielpause. Für mich persönlich ist es daher keine große Schande, gegen ein so starkes Regensburg in dieser Art und Weise zu verlieren; obwohl, klar, auch mehr drin gewesen wäre. Das Spiel war okay, Kleinigkeiten haben entschieden, für die kommenden Wochen sehe ich auf dieser Grundlage aber keine schlechten Prognosen.

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